Chronik der Schotten-Crainfelder Familie Spamer/018

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Chronik der Schotten-Crainfelder Familie Spamer
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sogleich, sieh das soll kein Klopstock sein, womit man schlägt, sondern der Mann heißt Klopstock, so wie du Eduard Spamer heißt; du brauchst dich vor ihm nicht zu fürchten! Nun sage, Klopstock! — Hierauf sagte er herzhaft „Klopbock!“ — und lachte laut dabei. Die anderen Namen der oben genannten Bildnisse aber spricht er deutlich aus — bis auf Kühnöl, welcher noch nicht recht fließen will. So oft er aber den Namen „Klopbock“ nennt, so oft lacht er darüber. — Eduard ist sehr einnehmend bei Allen, die ihn noch gesehen haben; an meiner Frau, mir und Theodor hängt er am meisten und liebsten. Ich muß ihn, wann ich auf dem Klavier spiele, auf den Schooß nehmen, — er spielt — und, wann ich dabei singe, singt er auch mit. - Er bekommt von Zeit zu Zeit (Anfangs täglich) mehrmalen etwas guten Wein; übrigens ißt und trinkt er Alles mit gutem Appetit, was man ihm giebt, und was wir essen und trinken; kurz Hausmannskost ist ihm dienlich; und die Kartoffeln mit Butter darauf (Butterbrod drauf, sagt er) ißt er besonders gerne; auch zieht er Brodbröckchen zum Kaffee dem mürben Weck vor. Um 12 Uhr des Mittags — wann wir gegessen haben, wird er (der Fliegen wegen) auf die Oberstube auf's Bette gelegt; und hier schläft er ruhig 2, 3 auch manchmal 4 Stunden lang. Meine Frau hat ihm die Wiege zurecht gemacht, welche des Abends aus der Kammer in die Wohnstube gestellt wird; darin schläft er die ganze Nacht recht ruhig, unter leichter Bedeckung; und des Morgens, wann er in seiner Wiege aufwacht, ist gewöhnlich sein erstes Wort, das er hören läßt: „Paffee (Kaffee) esse“. — Sogleich steht seine Großmutter auf, nimmt ihn, zieht ihn an und macht in seiner Gesellschaft Kaffee; ein „Bomp“ (Brocken Zucker) muß alsdann mehrmalen in's Kaffeeköpfchen unter die Weck- und Brodbröckchen geworfen werden; und so trinkt und ißt er sein Portionsköpfchen voll mit vieler Zufriedenheit aus, — und dann spricht er „satt!“ — Um diese Biographie in's Kurze zu ziehen, versichere ich Euch, daß die Vogelsberger Luft, Kost und Behandlung bisher einen so günstigen Einfluß auf ihn gehabt haben, daß er hier schon beträchtlich zugenommen, festes Fleisch bei ihm hervorgebracht, und ein rothes, gesundes Aussehen an seinem vorher blassen Gesichtchen bewirkt hat. Kurz, wir freuen uns recht herzlich über ihn! Er läßt Euch grüßen! ec.“

Hierzu sei bemerkt, daß die im obigen Briefe angeführten und noch heute im Familienbesitze befindlichen Oelgemälde der Crainfelder Pfarrleute und ihres Hermannsteiner Sohnes im Jahre 1834 vom Maler Volkmar angefertigt wurden.

Ein Brief vom 30. Mai 1835 erzählte dem Hermannsteiner Sohne von Eduard folgendes: „Eduard wird uns, wenn wir ihn nicht mehr hier haben werden, gewiß unbeschreiblich leid thun, — denn er hat zuweilen solche naive Einfälle, die uns Wochen lang, wenn wir uns daran erinnern, recht herzlich erfreulich sind; e. g. vor einigen Wochen ließ der hiesige Bürger­meister durch den Ortsdiener bekannt machen: wer dem Sebastian Franz seine Güter kaufen wolle, der sollte gleich zum Bürgermeister kommen; — sowie der Ortsdiener nach dem Zeichen mit der Schelle dieses bekannt gemacht und ausgeredet hatte, — und meine Frau zufällig mit dem Eduard an der Hinterthüre des Pfarrhauses (nach der Straße zu) steht, so ruft Eduard dem Ortsdiener zu: „Eduard kauft keine Güter, der Bürgermeister mag sie behalten!“ — Hierauf fragt ihn meine Frau: ja weißt du denn auch, was Güter sind? — darauf sagte er gleich: „Aecker und Wiesen“. — Sodann wollte er vor einigen Wochen meinen Hut und Stock haben; ich gab ihm beides; — er setzte den Hut auf seinen Kopf, nahm den Stock in die Hand, und ging nach der Stubenthüre, die ich ihm aufmachen sollte. Ich fragte ihn, wo willst du denn mit meinem Hut und Stock hin? — Ganz ernstlich erwiderte er: „ich will nach Bermuthshain und ein Kind taufen!“ — Kurz, es ist ein allerliebster Bube, dem Jedermann, der ihn siehet und beobachtet, gut ist. — Wenn wir ihn nicht mehr hätten, würden wir wenig lachen und froh sein; so aber macht er uns gar oft ein recht fröhliches Herz!“