Chronik der Schotten-Crainfelder Familie Spamer/017

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Chronik der Schotten-Crainfelder Familie Spamer
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meine Morgenpredigt, die Betstunde, und hatte auch noch eine Kindtaufe in einem hiesigen Hause. Aber am Sonntag Abend traten nun alle erdenklichen Schmerzen in meinem Rückkreuz mit solcher Heftigkeit auf, daß ich's nicht genug beschreiben kann. — Doch genug davon! — Was schadet, das lehret! - In Zukunft will ich meine Predigtdisposition des Samstag Nachmittags, nach dem Kaffeetrinken, beginnen, — dann brauche ich nicht mehr so lange in der Nacht daran zu arbeiten. — Lerne auch Du daraus: nicht zu lange in der Nacht zu studieren — damit Dir nicht vielleicht etwas Aehnliches passiren möge! — Könnten wir dann nicht wohl bald wieder einmal etwa auf der Rabenau eine Zusammenkunft haben? — Deine Mutter hat ein herzliches Verlangen, Euch und Euere lieben Kinder zu sehen. Ich würde diesesmal hier bleiben und Karl und seine Mutter könnten dahin kommen. Ich besuchte Euch dann v. d. in Hermannstein auf eine andere Zeit in diesem Jahre! Wäre ich doch künftigen Sonntag bei Dir, um Dir auf Deinen 31ten Geburtstag recht herzlich Glück wünschen zu können! — Wie innig wollten wir uns freuen! — Nun, wir wollen Deinen und den Geburtstag des Karl, auf künftigen Sonntag des Nachmittags und Abends zusammen dahier feiern, und dabei die Gläser des Sonntags Abends um 8 Uhr auf Dein Wohl dergestalt anstoßen, daß Ihr den Schall davon in Euerer Stube in Hermannstein hören sollt! — Wir Alle grüßen Euch herzlich und ich insbesondere bleibe Dein treuer Vater Ch. Spamer.“

Das Hermannsteiner Pfarrhaus mit seinen meterdicken Mauern und meist voll Wasser stehenden Kellern war eine ungesunde Wohnung, und geschah es wohl mit aus diesem Grunde, daß die Crainfelder Großeltern, nach dem schon am 9. August 1834 erfolgten Tode ihrer Hermannsteiner Schwiegertochter, deren zweiten Sohn Eduard, einen besonders schönen und geweckten, aber zarten Knaben, zur Pflege mit sich nach Crainfeld nahmen. Der damals 2 Jahre alte Eduard war der Liebling seines Vaters und wurde auch bald die besondere Freude seiner Großeltern. Dies kommt in den Briefen des Crainfelder Großvaters an seinen Hermannsteiner Sohn aus jener Zeit vielfach zum Ausdruck. Am 6. September nahmen die Großeltern ihr Enkelchen nach Crainfeld mit und schon am 17. jenes Monats meldet ein großväterlicher Brief folgendes über Reiseverlauf und Befinden des lieben Pfleglings nach Hermannstein:

„Gott zum Gruß! An den Christian und die beiden Karls! Es ist Zeit, daß ich Euch Nachricht ertheile, vom 6. bis 17. d. M. Den 6. kamen wir wohl und gesund, Abends um 6 Uhr in Crainfeld an, ohne daß uns Eduard auf der Reise im Geringsten incommodirt hätte, vielmehr war er äußerst zufrieden und recht munter; nur äußerte er einiges Mißfallen über die Trennung seines Vaters von ihm: „Vater fort!“ sagte er mehrmal, und machte mit ausgestreckten Aermchen ein Fäustchen: „Du Du Vater! haue!“ - Hierauf fragten wir ihn, bist Du denn deinem Vater nicht gut? soll er gehauen werden? Da verwandelte sich sogleich seine Heftigkeit in Lächeln und Liebe, und er sagte: „Vater gut, nicht hauen!“ — Dieses hat er mehrere Tage lang noch so geäußert. Wir zeigten ihm des Vaters Silhouette unter dem Spiegel; hierüber gerieth er in die größte Freude, schmeichelte dem Bildniß mit rührender Zärtlichkeit, küßte es mit Heftigkeit oft und vielmal — und wir Alle mußten es auch mehrmals küssen. Aber was sagt Ihr dazu? so wie ihm Euere Mutter das Gemälde des Vaters auf der oberen Stube gezeigt und ihn gefragt hatte, wer ist denn das? „Vater“ war sogleich die Antwort, und hatte er es herbeigezogen und drunter und drüber geküßt und geschmeichelt. Mein Gemälde hatte er auch sogleich erkannt „Großvater!“ Euerer Mutter Gemälde hatte er aber für seine Goth gehalten. — Nur einigemal habe ich ihm die Kupferstiche von Goethe, Klopstock, Schiller, Wieland, Gellert, Beethoven und Kühnöl genannt, und schon lange nennt er jedes Bildniß mit dem rechten Namen, mag man ihn fragen in oder außer der Reihe, wie sie an der Wand hängen. Der Name Klopstock war ihm gleich zum erstenmal, wie ich ihn nannte, äußerst auffallend — und er sah mich, wie ich ihn ausgesprochen hatte, etwas schüchtern und furchtsam an. Ich sagte ihm aber