Ziele und Aufgaben der wissenschaftlichen Genealogie (Kekule von Stradonitz)/30

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Ziele und Aufgaben der wissenschaftlichen Genealogie (Kekule von Stradonitz)
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in bestimmten Gebieten, zu gewissen Zeiten, eine große historische Rolle gespielt haben, bürgerliche Familien aber nicht. Das ist der Grund, weshalb die Genealogie es, oft nicht ohne Berechtigung, vorwiegend mit adeligen Geschlechtern zu thun hat. Aber es kommt auf die geschichtliche Wichtigkeit des betreffenden Geschlechts, nicht darauf an, ob es adelig oder bürgerlich war. Wer wird z. B. behaupten wollen, die Genealogie eines altberühmten bürgerlichen Geschlechtes, wie der Striepe in der Altmark, habe geringeres historisches Interesse, weil dieses Geschlecht bürgerlich war? Und wenn nun gar ein einseitiger historischer Zweck verfolgt wird! Es hat bekanntlich Musikerfamilien – ich erinnere nur an das Geschlecht Bach – Steinmetz-, Bildhauer-Familien, Geschlechter gegeben, in denen das Waffenschmiedehandwerk, andere, in denen die Glockengießerkunst erblich war. Es liegt auf der Hand, daß für eine Geschichte der betreffenden Kunst oder des betreffenden Kunsthandwerks die Genealogie eines solchen bürgerlichen Geschlechtes ungleich wichtiger ist, als die irgend einer beliebigen Grundbesitzerfamilie, für deren Mitglieder Jahrhunderte lang der Satz gilt: er lebte, nahm ein Weib und starb.

      Handelt es sich aber gar um kulturhistorische, biologische, statistische, pathologische, kriminalistische und ähnliche Aufgaben, so ist die Geschichte geradezu jeden Geschlechtes interessant.

      Aber: man täusche sich darüber nicht. So, wie die historischen und thatsächlichen Verhältnisse einmal liegen, ist die Erforschung der Genealogie der regierenden Familien weitaus am Leichtesten. Schwerer schon, aber in der weitaus überwiegenden Mehrzahl der Fälle noch unvergleichlich leichter ist es, für eine adelige Familie das geschichtliche Material zu sammeln, als für Familien des Bürgerstandes. Durch diese unleugbare Thatsache erwächst aber dem Adel eine überaus ernste Pflicht. Das Vorhandensein der genealogischen Schätze in den Kirchenbüchern, großen und kleinen Archiven aller Art, legt dem Adel die Ehrenpflicht auf, diese Schätze zu heben,