Ziele und Aufgaben der wissenschaftlichen Genealogie (Kekule von Stradonitz)/06

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Ziele und Aufgaben der wissenschaftlichen Genealogie (Kekule von Stradonitz)
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Zahl von Individuen, deren Blut in das eine Individuum, dessen Ahnentafel aufgestellt wird, zusammengeflossen ist. Der Ahnentafel und der Stammtafel liegt daher eine grundsätzlich verschiedene Betrachtungsweise zu Grunde. Die Stammtafel betrachtet die Descendenten eines bestimmten Elternpaares, die Ahnentafel die Ascendenten eines bestimmten Individuums. Die Gestalt der Stammtafel ist veränderlich. Sie wird bestimmt durch die Gestaltung und Verzweigung der Descendenz. Die Gestalt der vollständigen Ahnentafel ist ein für allemal fest bestimmt. Sie unterliegt dem unabänderlichen Gesetz, daß jeder Mensch zwei Eltern, vier Großeltern, acht Urgroßoltern, sechszehn Ururgroßeltern und so weiter hat. Die Stammtafel ist für den, der sie aufstellt, allemal zeitlich begrenzt, sie ist eingeengt zwischen das Jahr, in dem der Stammvater geboren wurde und den Augenblick, in dem sie aufgestellt wird, oder in dem das betreffende Geschlecht ausgestorben ist.

      Die Ahnentafel ist zeitlich unbegrenzt; es liegt auf der Hand, daß man mit den Ahnenreihen theoretisch unendlich weit zurückgehen kann und das die Grenze hier nur in der historischen Feststellbarkeit der Ahnen liegt. Die Stammtafel ist auch ihrem Inhalte nach beschränkt auf diejenigen Personen, welche thatsächlich von dem Stammelternpaare abstammen, die Ahnentafel ist auch ihrem Inhalte nach theoretisch unbegrenzt, denn es hindert nichts, auf eine, vielleicht schon tausende von Individuen enthaltende Ahnenreihe noch die nächstfolgende aufzusetzen, welche theoretisch nothwendig doppelt so viele Individuen enthalten muß, als die nächstvorhergehende Ahnenreihe.

      Die Stammtafel und die Ahnentafel beantworten daher gänzlich und ihrem Wesen nach verschiedene Fragen und es muß immer wieder aus das Schärfste betont werden, daß von dem richtigen Verständniß und der sorgfältigen Unterscheidung dieser beiden genealogischen Grundformen die gesammte genealogische Wissenschaft abhängt, und daß die richtige Erkenntniß dieser Wesensverschiedenheit geradezu den Prüfstein