Hinrichtung in Belzig

aus GenWiki, dem genealogischen Lexikon zum Mitmachen.
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Am 30. März 1846 erfolgte in Belzig die letzte Hinrichtung. Es wurde der Leinewebermeister August Bräckow exekutiert. Im Belziger Stadt- und Landboten vom 04. April 1846 ist dazu eine Anzeige zur Verurteilung des Mörders August Bräckows veröffentlicht.

  • Warnungsanzeige

Am 18. Junius 1843 [1] wurde die Witwe Schmeckebier in dem Hause des Webermeisters August Bräckow zu Wiesenburg, wo sie als Auszüglerin lebte, erhängt gefunden. Verschiedene Umstände leiteten darauf hin, dass ein Selbstmord nicht vorliege, dass vielmehr der Webermeister August Bräckow sie ermordet habe. Er ward deshalb sofort zur Haft gebracht und gestand in Folge der gegen ihn verhängten gerichtlichen Untersuchung alsbald den Mord als vorher mit seiner Ehefrau verabredet und in der Art ein, dass er die Witwe Schmeckebier erwürgt und dann erhängt habe, damit es scheinen solle, als habe sie sich selbst erhängt. Als nicht widerlegten Grund zur That führte er an, dass ihm die Witwe Schmeckebier, mit welcher er freilich erst ganz kurze Zeit in demselben Hause gelebt, das Leben durch ihre Zanksucht verbittert habe. Bei diesem Geständnis ist er im Allgemeinen verblieben. Das erste Urteil, von dem Kriminalsenat des Königlichen Kammergerichts gefällt und am 14. November 1844 eröffnet, lautet darin, dass der Leineweber August Bräckow wegen verübten Mordes aus dem Soldatenstande zu entlassen, des Rechts, die Preußische Nationalfarbe zu tragen, für verlustig zu erklären und mit der Strafe des Rades von Untenherauf (der Betroffene wurde mit einem Rad zerschmettert. Der Henker zertrümmerte zuerst die Füße.) vom Leben zum Tode zu bringen. Dieses Urteil hat bei der zweiten unter dem 29. d. Mts. eröffneten Entscheidung der Oberappellationssenat des Königlichen Kammergerichts lediglich bestätigt, Se. Majestät der König haben indes durch die Allerhöchste Kabinetts- Ordere vom 24. v. Mts. die Strafe in die Todesstrafe des Beils verwandelt. Demgemäß ist der August Bräckow heute Morgen in der siebenten Stunde auf der Richtstätte bei Belzig öffentlich durch Henkershand vom Leben zum Tode gebracht. Belzig, den 30. März 1846. Königliches Land- und Stadtgericht. Bahn.

  • Beschreibung des Verbrechens, welches der Leinewebermeister

Friedr. Aug. Bräckow aus Belzig an seiner Auszüglerin, der Witwe des Fleischers Schmeckebier zu Wiesenburg, in der Nacht vom 17. zum 18. Juli 1843 verübte, nebst dessen Bestrafung.

Montag den 30. März 1846 hatten die Bewohner von Belzig nach einer Zeitdauer von 106 Jahren zum ersten Male wieder das entsetzliche Schauspiel einer Exekution. Es wurde an demselben Tage des Morgens in seiner siebenten Stunde der ehemalige Leinewebermeister Friedrich August Bräckow durch das Beil vom Leben zum Tode gebracht. Derselbe wurde am 16. Juli 1813 in Belzig geboren, besuchte daselbst die Schule und lernte nach Entlassung aus derselben das Geschäft seines Vaters, die Weberei. Nach erlangtem Alter kam er zum Militärdienst in das 20ste Infanterie - Regiment zu Torgau, welches er nach beendigter Dienstzeit nicht mit den günstigsten Zeugnissen verließ. Unter anderem war er auch desertiert, kehrte jedoch freiwillig zu seiner Pflicht zurück. Am 2. Dezember 1838 heiratete er die Johanne Friederike geborene Londershausen, geschiedene Schmeckebier. Diese Frau war nach einem längeren Prozesse von ihrem ersten Manne, dem Fleischhauer Heinr. Aug. Carl Schmeckebier zu Wiesenburg, nachdem sie denselben nach kurzer, kinderloser Ehe freiwillig verlassen hatte, geschieden. Bei der Scheidung erkannte das Gesetz, dass ihr ihr Eingebrachtes, bestehend aus 100 Thalern, zurückgegeben werde. Zwar leugnete der Schmeckebier den Empfang dieses Geldes, da er jedoch seiner Frau auf die erste Hypothek des Hauses hatte eintragen lassen, so muss es bei der Zurückgabe dieser hundert Thaler verbleiben. Allein seit der für ihn so unglücklichen Heirat war sein früher einträgliches Geschäft in Verfall gekommen (und er selbst soll durch das unglückliche eheliche Verhältnis ein ganz anderer Mensch geworden sein), so daß er außer Stande war, jene hundert Thaler auszuzahlen. Als die geschiedene Frau einige Zeit darauf sich von neuem verheiratete hatte auch ihr früherer Mann bereits verstorben war, ohne sie mit ihrer Forderung befriedigt zu haben, übernahm sie, um jene unglücklichen hundert Thaler -nicht zu verlieren - mit ihrem nunmehrigen Manne das Haus ihrer früheren Schwiegermutter in Wiesenburg unter der Bedingung, der alten Frau den Lebensunterhalt an ihrem Tische oder täglich 2 Sgr. nebst freier Wohnung zu gewähren. Auf jene Weise kam also der Bräckow nach Wiesenburg, und daselbst nach einem kurzen Aufenthalte von 14 Tagen zur Ermordung jener Frau. Bei einem gesunden, kräftigen Körperbau besaß der Br. hinlängliche Mittel und Fähigkeiten, sein Auskommen sich auf redliche Weise zu verschaffen; allein der Keim zum Bösen lag in ihm von Jugend auf, und es sollte sich die grauenhafte Prophezeiung seines früheren Lehrer, dass es mit ihm kein gutes Ende nehmen werde, an ihm auf die fürchterlichste Weise in Erfüllung gehen. Dieser Unglückliche, den das Glück aus der menschlichen Gesellschaft stieß und zum Tode auf dem Blutgerüst verdammte, zeigte schon als Knabe einen halsstarrigen, widerspenstigen Charakter und, wie man erzählt, einen Zug von Unbarmherzigkeit und Rohheit. An schuldlosen Tieren soll er in der Jugend diese Geistesrichtung oft bewiesen haben, die sich immer mehr ausbildete und ihn endlich, zwar wahrscheinlich nicht ohne fremder Ermutigung, zum Morde eines Menschen verleitete. Die kurze Zeit von vierzehn Tagen, die er mit seiner Auszüglerin zusammen lebte, war für beide Teile nicht die friedlichste; denn verbitterte auch die Ww. Schmeckebier durch Zanksucht ihm und seiner Frau das Leben, so lässt sich wohl der Grund annehmen, dass von seiner und seiner Frauen Seite nichts geschehen ist, dieser alten Frau das Leben erträglich zu machen, ja es wird behauptet, dass er derselben schon vorher wiederholt mit einem gewaltsamen Tode gedroht haben soll. Zwar wollte die Ww. Schmeckebier dieser Drohung lange keinen Glauben schenken, allein am Abend vor jener schwarzen Tat soll sie plötzlich bange Ahnung überfallen und sie eine nahe Verwandte um ein Obdach für die Nacht gebeten haben. Diese riet ihr jedoch in ihre Wohnung zu gehen; denn auch sie war weit davon entfernt daran zu denken, dass Br. seine Drohungen wahr machen werde. Kaum war die Schmeckebier in ihre Stübchen eingekehrt, um sich zu Ruhe zu legen, als auch der Bräckow mit seinem Weibe in ihre Stube trat und ihr mit kaltem Blute ihren Tod verkündete. Alles Bitten und Flehen dieser halb entkleideten unglücklichen Frau fand in den Herzen ihrer Mörder keinen Widerhall. Mit teuflischen Mute erfassten sie dieselbe um sie zu erwürgen und dann aufzuhängen. Als ersteres geschehen war, erzählt man sich weiter, ließen sie dieselbe im Todeskampfe liegen und entfernten sich, kehrten jedoch bald darauf zurück, um sich zu überzeugen, ob ihr Opfer nun vollendet habe. Dieses aber hatte die Schlinge um seinen Hals gelüftet und war auf den Boden entflohen, sich dort vor ihren Peinigern zu verbergen. Bald war sie aber entdeckt, und die Greuelszene sollte von Neuem beginnen. Das weckte das Bitten der Unglücklichen den letzten Funken von Menschlichkeit in der Brust Bräckow's. Doch hatte dieses Mitgefühl seine Ausdauer, und so musste denn das unglückliche Opfer zum zweiten Male seinen Tod erleiden. Hierauf wurde es aufgeknüpft, damit es scheinen möge, als habe es sich selbst entleibt. Da jedoch keine Umstände vorhanden waren, die auf einen Selbstmord schließen ließen, so wurde Bräckow samt seiner Frau sofort zur Haft gebracht. Ersterer gestand dann ganz freiwillig den ihn von Wiesenburg nach Belzig eskortierenden Gerichtsdienern seine Tat, die er in wenigen Augenblicken gegen mehrere hinzutretende Personen wiederholte, und zwar als in Folge zänkischen Wesens der Schmeckebier von ihn verübt; er hielt sein Verbrechen nicht für so strafbar, hoffte im Gegenteil, bald aller Strafe quitt zu sein und sich der Freiheit zurückgegeben zu sehen. Desselbe war mit der Frau der Fall. Allein Beider wartete ein anderes Los. Die 1ste Entscheidung des Kriminalsenats des Kgl. Kammergerichts verurteilte ihm zum Unterherauf und sie zum Rad von Obenherunter. Dieser Ausspruch mochte wohl ihre Erwartungen etwas herabstimmen; nichts desto weniger hofften sie von der ergriffenen Appellation einen für ihr Schicksal günstigeren Ausspruch. Obgleich nun das Endresultat dieser Appellation beiden Teilen ein milderes Los bereitete, so wurden beide dennoch durch dasselbe für immer für die menschliche Gesellschaft unschädlich gemacht. Auf Bräckows geistigen Zustand machte die gerechte Strenge des 1sten Urteils keinen Eindruck; er blieb ein verstockter Sünder bis zu dem Augenblick, wo ihm in der achten Stunde des 29. März sein 2tes gleiches Urteil, das die Gnade Sr. Maj. des Königs in die Todesstrafe durch das Beil gemildert hatte, eröffnet wurde. An demselben Tage des Nachmittags in der 3ten Stunde wurde auch der Frau eröffnet, dass sie des andern Tages auf 30 Jahre in die Strafanstalt abgeführt werden würde. Auf seinem Gang vom Gefängnis zum Gerichtslokale, wo ihm diesmal sein herbes Geschick verkündete werden sollte, war Br. Ganz der stumpfsinnige, unempfindliche Mensch wie von Anfang an. Als ihm jedoch eröffnet wurde, dass er nach 24 Stunden den Tod erleiden solle, traf ihn die ganze Schwere seines Verbrechens; denn als die Worte: „Morgen früh in der siebenten Stunde erleidest Du den Tod durch's Beil!“ sein Ohr trafen, da senkte sich sein Blick zur Erde und vernichtete, keines Wortes mächtig, stand er regungslos vor seinen Richtern. Endlich, auf wiederholtes Fragen, sprach er mit bebender Stimme: „Gnade!“ - es wurde ihm die Unmöglichkeit einer Begnadigung gezeigt und ihm obrige Frage aufs Neue vorgelegt, und wiederum bat er um „Gnade!“. Und welches Menschen erster und einziger Gedanke sollte nicht, wenn er sein Leben nur noch wenige Stunden zugeteilt, wenn er sein Grab offen sieht, Gnade sein? Denn's Grab ist tief und stille und schauerlich sein Rand. Aber wenn das Grab schon für den schauerlich ist, der kein Verbrechen, höchstens menschliche Schwäche zu sühnen hat, wie viel mehr muss es dieses nicht für den sein, der bis zum vorsätzlichen Morde herabsinken konnte, der der entsetzlichen Straffe, bei deren Vorstellung das Herz des fühlenden Menschen erbebt, schon hier auf Erden verfiel? Und hätte der Mensch sich von der Jugend auf in der Schule des Verbrechens verhärtet, und hätte er in seiner Verblendung weder vor Gott noch vor den Gesetzen der Menschheit und den Gefühlen der Menschlichkeit Achtung gehabt, in der Stunde des Todes wird ihn die Verzweiflung ereilen. Mag sich immerhin der roheste Verbrecher beim Hinblick auf seinen nahen Tod noch so sehr bemühen, in seinem Äußeren ruhig und gefasst zu erschienen, den Sturm seines Innern wird er vergeblich, bei dem Gedanken, das er in wenigen Minuten vor dem Richterstuhle Dessen erscheinen soll, der mit gerechter Waage die Taten der Menschen wägt und die Sünder nach ihren Missetaten bestraft, furchtbar erwachen. Denn nicht umsonst hat der allmächtige Gott in die Brust seiner Menschen den unbestechlichen Richter, das Gewissen, gelegt. Als Bräckow nun endlich einsah, das keine Macht sein Schicksal ändern könnte, wendete er sich mit den Worten ab: „Nun, wie Gott will!“ Hierauf kehrte er in das Gefängnis zum letzten Male zurück, um bald darauf für immer aus ihm und aus dem Leben zu scheiden. Hier verlebte er seine letzten vierundzwanzig Stunden in anscheinender Ergebung in Gott und sein Geschick, besucht von Frau und Kind und manchen Anderen. Für seine Frau forderte er zu ihrem Transport nach der Strafanstalt 2 außenstehende Thaler ein, diese bestimmte jedoch das Geld zur Anschaffung eines Trauerkleides für ihr Kind. Frühmorgens in der fünften Stunde des 30. März empfing Bräckow das Abendmahl. Gegen 6 Uhr versammelte sich auf hiesigem Marktplatz eine Abteilung des zu dieser Exekution von Brandenburg hierher kommandierten Cuirassierregiments, um mit einen ebenfalls von dort hierher beorderten Kommando des Füsilierbataillons Ruhe und Ordnung aufrecht zu erhalten. Die Infanterie war bereits zur Richtstätte marschiert, während die Cuirassiere vom Markt aus vor das Gefangenenhaus des hiesigen Königl. Land- und Stadtgericht ritten, um den Wagen, auf welchem sich der Delinquent mit den ihn eskortierenden Gerichtsdienern befand, in ihre Mitte nehmend, setzten sie sich in raschem Schritt durch die Stadt nach der Richtstätte auf dem so genannten Galgenberg vor dem Wiesenburger Tore, links des Weges nach Lübnitz und ungefähr eine kleine Viertelstunde von der Stadt entfernt, in Bewegung. Auf dem Weg nach der Richtstätte selbst mochte er unter der zahlreichen den Wagen begleitenden Menschenmenge so manchen Bekannten erblicken, denen er mit bebenden Lippen und durch das Abnehmen der Mütze ein Lebewohl zurief, einen Gruß, der in dem Herzen manches christlich fühlenden Zuschauers Mitleid und das schmerzliche Bedauern erweckte, dass ein Mensch so tief sinken und sich durch seine Unmenschlichkeit den Tod auf dem Blutgerüst zuziehen konnte. Auf einen anderen Teil der Zuschauer machte dies, wie die Enthauptung selbst, keinen Eindruck, denn sie schienen nicht zu bedenken, dass er ein Mensch war. Sie sahen in ihm nur den rohen Verbrecher, der diese entsetzliche Strafe verdiente. Von einem dritten sehr kleinen Teile hörte man wohl die Äußerung: „Gott bewahre unsere Kinder vor einem bösen Herzen und solch einem Ende!“ Das möchte wohl der beste aller Wünsche bei derartigen Gelegenheiten sein, „dass der Gott der Kinder Herzen vor allem Hang zum Bösen bewahren und die Seelen der Eltern erleuchten möge, diesen Hang zu erkennen und bei Zeiten zu unterdrücken!“ Nicht immer trifft den Verbrecher die ganze Schuld seiner Untat; ein guter Teil fällt oft auf die Erzieher zurück. Endlich hatte sich ein großer Teil mit der unmündigen Jugend eingefunden, damit diese ein Exempel von der Bestrafung Dessen sehe, den das Gesetz aus dem Verband der Menschheit zu stoßen gezwungen war, und damit sie Abscheu vor dem Verbrechen bekommen möchte. Dass dieser Zweck durch solch eine Szene erreicht werde, dass ein verstockter Sinn dadurch gleichgültiger gegen das Leben eines Mitmenschen werde, und ein reines kindliches Herz durch wiederholte ähnliche Eindrücke seinen besten Teil, das Mitleiden, zu Grabe trägt. Besser wäre es, sie lernten das Verbrechen gar nicht, dahingegen den schönen Spruch von zartester Jugend an kennen und befolgen: Ueb' immer Treu' und Redlichkeit Bis an dein stilles Grab Und weiche kein Finger breit Von Gottes Wegen ab; Dann wirst du wie auf grünen Au'n Durch's Erdenreich gehen, Dann kannst du ohne Furcht und Grau'n Dem Tod' ins Auge sehn. Als der Delinquent am Fuße des Schafottes angelangt war, wurde ihm nochmals sein Urteil vorgelesen, worauf er von seinen Richtern Abschied nahm, niederkniete, um zu beten, dasselbige bestieg, und, seinen Geist seinem himmlischen Vater empfehlend, legte er seinen Kopf auf den Klotz. Ein Augenblick später fiel das Beil und das Verbrechen war in dieser Welt gesühnt. Sein Körper wurde durch eine Falltür in das unmittelbar unter dem Schafott befindliche Grab geworfen und daselbst verscharrt. So endete das Leben zweier Menschen. Das eine auf dem Blutgerüst, des anderen im strengen Verwahrsam einer Strafanstalt; denn es ist auch möglich, das die Bräckow jemals die sie umgebenden Kerkermauern verlässt, so wird sie auch dann einer lebendigen Toten gleichen durch ihr Anteil an dem verübten Verbrechen, dem Beweis ihres moralischen Todes.

  1. Das Wiesenburger Kirchenbuch weist ein anderes Datum als in der Warnanzeige auf, "Christiane Schmeckebier geb. Schwarze, Witwe des Schuhmachermeisters August Schmeckebier, 28. Juni 1843 (55 Jahre - 6 Monate und 15 Tage alt). Wurde erhängt gefunden in Ihrem Hause.