Chronik der Schotten-Crainfelder Familie Spamer/049

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Chronik der Schotten-Crainfelder Familie Spamer
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Louise Meyer, Anna Drescher, die kleine Cropp, die Gymnasiasten Eckstorm und 2 Staudinger. Reitz war von seinem Schwager in den Schützengarten beordert und darum abwesend. Als der Maiwein eine höhere Stimmung hervorgerufen und Fräulein Sturm Euere 2 Hochzeitsgedichte gelesen hatte, brachte sie Euere Gesundheit aus, was mit solchem Enthusiasmus aufgenommen und mit solchem Klingen und Klirren der Gläser accompagnirt wurde, daß Ihr es bei günstigem Winde auf der Ilseder Hütte gehört haben müßt. Sodann wurde abwechselnd 2 und 4 händig gespielt und von Louise gesungen, bis wir die 2 Gießer zum letzten Zug auf den Bahnhof begleiteten. Hieraus bitte ich abzunehmen, daß wir noch recht wohl sind. — Daß Hermann mit Arbeit so überhäuft ist, daß er seine junge Frau fast halbetagelang allein sitzen lassen muß, ist zwar allerdings sehr traurig; aber tröstet Euch mit der Hoffnung, daß die Zeiten auch wohl wieder leichter für ihn und gesellschaftlicher für Dich kommen werden.

Gott sei allezeit bei Euch, wie die Liebe
Eueres Vaters
Christian Spamer.“

Im Anschlusse hieran möge auch der zweitnächste Brief Chr. Spamers an seine Ilseder Kinder hier Platz finden, in welchem er eine Fahrt mit Anna in den Vogelsberg beschreibt und seine Erlebnisse gelegentlich der Einweihung des Lutherdenkmals in Worms, welcher er beiwohnte, aufgezeichnet hat.

Hermannstein, am 6. Juli 1868.
Ihr lieben jungen Ehe- und Directorsleute!

Da wir durch unsere liebe Ilseder Correspondentin von Zeit zu Zeit in den Stand gesetzt werden, daß wir uns über Euere Erlebnisse von Herzen mitfreuen können, so wollen wir Euch die unsrigen nicht minder gern mittheilen. Am 30. Mai c. fuhr ich mit Anna über Niederwöllstadt nach Altenschlirf, wo wir am 31. den Geburtstag meines Carolinchens, am 3. Juni den ihres Erstgeborenen feierten, und bis zum 13. recht vergnügte Ausflüge nach Schadges, Herbstein, Stockhausen, Landenhausen, Crainfeld und Grebenhain machten. In Schadges gefielen uns die Menschen und Verhältnisse sehr gut, bis wir in der Nacht auf einem mit lauter lustigen Leuten angefüllten Leiterwagen, auf welchem fast fortwährend heitere Lieder ertönten, zurück gefahren wurden. In Stockhausen, bei Pfarrer Stock, dem Oheim des Bräutigams Thomas Stock, und in Landenhausen bei Pfarrer Windecker und seinem Louischen, sowie bei dem Gastwirth und Großhändler Tuchert in Stockhausen und seinem weit schöner und stärker gewordenen Minchen, dem ehemaligen Minchen Weber von Londorf, und nicht weniger bei Pfarrer Bernbeck und seinem Weibchen in Altenschlirf amüsirten wir uns herrlich und erhielten auch von Allen, mit Ausnahme Windeckers, die freund­lichsten Gegenvisiten. Am 13. frühe um 3 Uhr waren wir, nachdem wir die Altenschlirfer gesund verlassen hatten, per pedes schon in Herbstein, und fuhren von da mit der Post über Ulrichstein und Grünberg nach Gießen und per Bahn hierher.

Am 24. Juni fuhr ich mit dem jungen Pfarrer Allmenröder und von Friedberg auch mit meinem Vikar nach Worms. Karten zu den Concerten à 1 fl., zur Tribüne E. Sitzplatz Nr. 48 und 49 während der Enthüllungsfeier à 2 fl., und zum Essen mit 1 Schoppen Wein in der Festhalle à 2 fl. 42 kr. hatten wir uns vorher kommen lassen, auch die Zusicherung eines freien Logis. Nun holten wir uns bei dem Einweihungscomité Legitimationskarten als Ehren­gäste gratis, mit dem Bemerken unserer Wohnung bei Herrn Chr. Beckerle in Pfiffligheim, ½ Stunde vor Worms, und daß wir frei mit der Bahn nach Worms und zurück fahren könnten. Damit begaben wir uns, um feierlich begrüßt zu werden, in die Dreifaltigkeitskirche, wo wir den begrüßenden Superintendenten Schmitt von Mainz im dichtesten Menschengedränge kaum sehen