Chronik der Schotten-Crainfelder Familie Spamer/043

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Chronik der Schotten-Crainfelder Familie Spamer
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verließen zu Herbst 1859 Gießen, um sich in praxi für ihre gewählten Berufe, ersterer für das Berg- und Hüttenwesen, letzterer für die Landwirtschaft auszubilden.

Am 11. Mai 1861 verlor Chr. Spamer seine gute Schwiegermutter Dornemann, eine ihm auch als Schwester seiner Mutter liebe Verwandte. Dieselbe hatte beabsichtigt, ihrem Schwiegersohne, welcher der Erbe seines Sohnes Karl — des letzten Nachkommen der Familie Dornemann — geworden war, zum alleinigen Erben ihrer Hinterlassenschaft einzusetzen, und den Familien ihrer Neffen Theodor und Karl Spamer in Crainfeld und Altenschlirf nur Legate auszusetzen. Auf die Bitte Chr. Spamer's änderte sie ihr Testament zu dessen Ungunsten dahin ab, daß dieser nur 4/6 und die genannten Familien seiner Brüder je ⅙ ihres Nachlasses als Miterben erhalten haben. Der Anteil Chr. Spamer's, von welchem er 5 % an Kollateralsteuern mit 1 976 fl. 2 kr. zu bezahlen hatte, betrug hiernach fl. 39 520.— oder Mk. 67 737.

Im selben Jahre 1861 wurde Anna in Hermannstein konfirmiert und brachte der Vater diese seine liebe jüngste Tochter nach Hanau in die früher von Minchen besuchte Pension, holte sie auch am 21. Oktober des folgenden Jahres wieder nach Hause zurück. — Die Jahre 1859 bis 1862 brachten für Chr. Spamer viele einsame Stunden; das Jahr 1858 hatte ihm seine beiden älteren Töchter von der Seite genommen und in 1861 und 1862 mußte er auf Jahresfrist auch noch die jüngste im Hause entbehren. Zudem war durch den im Jahre 1857, am 16. Juli, erfolgten Wegzug der Familie seines Schwagers Karl Emmelius von Aßlar, zunächst nach Neuwied, 1861 nach Gießen, ein oft und gern besuchtes Haus aus seinem Nahverkehre ausgeschieden. So ergingen seine Gedanken sich um so öfter und lieber in den Erinnerungen an seine verstorbenen Lieben und seine verflossene Lebenszeit. Es haben uns diese Jahre darum auch die umfangreichsten und schönsten seiner dichterischen Aufzeichnungen gebracht. Ich meine hier vor Allen seine schon an früheren Stellen erwähnten drei Rosen, diese gemütvollen, poetischen Erinnerungsschriften an seine drei Frauen. Er schrieb dieselben im Jahre 1859 nieder und sammelte im folgenden Jahre die den einzelnen Rosen noch zugehörenden und im Druck angefügten Blätter. Im Jahre 1862 vollendete er seine Autobiographie; ebenso trägt seine metrische Beschreibung des Studenten- und Soldatenstreites zu Gießen das Datum des 4. März 1862. War ihm sonach die Muse der Dichtkunst eine freundliche Gefährtin, besonders in diesen einsamen Jahren, so blieb sie ihm auch treu bis in sein höheres Alter. Zwei dicke Bücher, von seiner Hand geschrieben, bewahren die vielen schönen Gedichte auf, mit welchen er Viele, vornehmlich aber seine Kinder und Enkel, zu festlichen Tagen ihres Lebens beschenkte und erfreute. Sie alle reden die Sprache seines treuen, liebevollen Herzens, seines frohen, Gott vertrauenden Gemütes. — Zudem waren die Freude am Schönen, Humor und sinniges Empfinden Grundzüge von Chr. Spamer's Eigenart. Sie offenbarten sich nicht zum wenigsten in seiner Vorliebe an Gartenpflege und Blumenzucht. In dem von hoher Mauer umschlossenen, die hintere Hausseite begrenzenden Clausengarten, wie in dem von ihm angelegten Hofgärtchen, verbrachte er mit Jäten, Pflanzen, Beschneiden und Begießen gar manche angenehme Stunde. Im Clausengarten erblühten alljährlich weiße Lilien, die in den Linien K, W und C gepflanzt, die Anfangsbuchstaben der Namen seiner drei Frauen darstellten. Von Außen umpflanzte er sein Pfarrhaus mit Rosen, die an Spalieren, teils bis zur Dachkante aufgerankt, zur Blütezeit eine herrliche Zierde bildeten. Im Innern schmückte er gerne die Zimmer mit Bildern, vorzüglich mit denjenigen seiner Lieben, Verwandten und Freunde, die im Wohnzimmer die Wände fast völlig bedeckten, und immer zeigten zur Zeit der Blumenblüte die Bilder seiner Eltern und Frauen durch ihren Schmuck die treu gedenkende Liebe des Gatten und Sohnes. Ende Mai 1862 kam dem einsamen Pfarrherrn längerer lieber Besuch ins Haus: Tochter Minchen mit ihren beiden Kindern Julius und Anna. Größere bauliche Veränderungen in dem großen und stattlichen, aber, besonders in dem Erdgeschoß, den